Mikwe
Die Hohenemser Mikwe

Die Hohenemser Mikwe wurde 1829 nach den Plänen des Bregenzer Baumeisters Ensle errichtet und ist ein typischer Bau des frühen 19. Jahrhunderts. Unter dem Einfluss sanitätspolizeilicher Reglementierungen großer Lebensbereiche war ein Ersatz für die alte, durch Wassereinbrüche beschädigte Gemeindemikwe unter der Synagoge notwendig geworden. Der bescheidene Neubau neben dem Schulhaus umfasste einen kleinen Umkleideraum und das Ritualbad selbst mit dem Stiegenabgang in das Grundwasser, dessen Spiegel an dieser Stelle früher besonders hoch lag. Die Mikwe war beheizbar und wurde wohl nur noch von Frauen benutzt. Die Verwaltung der Mikwe hatte lange Zeit Babette (Payerle) Landauer, die Gattin des Metzgers Benjamin Landauer, inne. Ab ca. der Hälfte des 18. Jahrhunderts wurden zumeist nur noch Mikwen errichtet, in denen das Grundwasser in der Mikwe mit zugeführtem Warmwasser nach strengen Regeln gemischt und damit ein „komfortableres“ Tauchbad möglich wurde. Eine solche ist auch die 1829 in Hohenems errichtete Hohenemser Mikwe.
Wir wissen nicht, wie lange die Hohenemser Mikwe benutzt wurde. Die Bedeutung der religiösen Gesetze und Traditionen in Hohenems war schon vor 1900 im Schwinden begriffen. Eine Nutzung bis in die letzten Jahrzehnte des 19. Jahrhunderts ist aber wahrscheinlich. Nach 1938 wurde die Mikwe wie alle anderen Gebäude der jüdischen Gemeinde arisiert. Nach der Rückstellung an die Israelitische Kultusgemeinde nach dem Krieg wurde das Gebäude schließlich 1955 an eine Privatperson verkauft, das Tauchbecken zugeschüttet und der Raum als Werkstatt benutzt. 1996 wurde das Becken wieder freigelegt und das Gebäude 2009 von der Jüdische Schule KG restauriert. Der Grundwasserpegel ist inzwischen zu niedrig, um es noch als Bad nutzen zu können.

Die Mikwe heute
Heute befindet sich in der historischen Mikwe, welche in der Schulgasse im Jüdischen Viertel zu finden ist, ein kleiner Schauraum, der als Dependance des Jüdischen Museums Hohenems öffentlich zugänglich ist. Gegen Vorlage eines Ausweises ist der Schlüssel beim Museumsempfang erhältlich.

Jüdische Ritualbäder
Eine Mikwe ist ein Tauchbad zur rituellen Reinigung des Körpers nach Begegnungen mit lebenszyklischen Ereignissen und Grenzerfahrungen. Der weibliche Zyklus, die Sexualität, die Hochzeit, die Geburt, die Berührung mit dem Tod, der Schabbat, bedeutende Feiertage und schließlich auch der Übertritt zum Judentum erfordern in der jüdischen Tradition einen Besuch der Mikwe. Heute sind es fast nur noch religiöse, zumeist orthodoxe Jüdinnen und Juden, die dieses Ritual regelmäßig einhalten. Der Akt der Reinigung besteht im Untertauchen des ganzen Körpers in „lebendigem“, d.h. nicht stehendem Wasser. Es gilt das Gebot, sich vor dem Untertauchen in der Mikwe gründlich zu reinigen, damit nichts zwischen Körper und lebendigem Wasser tritt.
Die Mikwe selbst dient ausschließlich der Tahara, der geistigen und spirituellen Reinheit. Religiöse Männer besuchen die Mikwe je nach religiöser Ausrichtung vor hohen Feiertagen, dem Schabbat oder gar vor jedem Morgengebet. Eine zentrale Stellung nahm die Mikwe jedoch lange Zeit im Leben jüdischer Frauen ein. Dadurch waren Mikwen vorwiegend Orte der vertraulichen Begegnung verheirateter Frauen.
Der erste Besuch der Mikwe fällt in einem traditionell geführten jüdischen Frauenleben auf den Tag vor der Hochzeit. Heute besuchen zumeist nur noch streng religiös lebende Frauen regelmäßig eine Woche nach ihrer Monatsblutung das Ritualbad, um die erforderliche „Reinheit“ für den heiligen Akt der Sexualität wieder zu erlangen. Eine Wiederentdeckung der Mikwe als Ort spiritueller Erfahrung ist allerdings auch in manchen modernen religiösen Bewegungen im Judentum zu beobachten.