Mi, 21. Nov 2018, 19:30-21:00 Uhr
Grenzen. Räumliche und soziale Trennlinien im Zeitenlauf
Buchvorstellung und Gespräch mit Andrea Komlosy (Wien) Seit dem Fall des Eisernen Vorhangs triumphierte über lange Jahre die Ideologie der Grenzenlosigkeit: die von den staatssozialistischen Regierungen gezogenen Barrieren zum Westen waren endlich weg, innerhalb der EU-Schengenstaaten folgte die Aufhebung der Binnengrenzen, bald würde es überhaupt keine Grenzen auf der Welt geben. Seit einigen Jahren kippt die proklamierte Grenzenlosigkeit. Sie hat dem Ruf nach Wiedererrichtung von Grenzen Platz gemacht: gegenüber den in der EU und den USA Zuflucht suchenden MigrantInnen, gegenüber chinesischen Firmenübernahmen, gegenüber einer angeblichen „Islamisierung“ der europäischen Gesellschaft u.v.a.m. Vor diesem Hintergrund vertieft sich der Riss auch in den Wohlfahrtsgesellschaften des globalen Nordens. „Grenzen zu“, verlangen die einen, „No border“, skandieren die anderen. Hinter den unterschiedlichen Ideologien verbergen sich handfeste Interessen: von Unternehmerseite wird die Deregulierung des Arbeitsmarktes begrüßt; die neue Mittelschicht freut sich über die Multikulturalisierung der Gastronomie und die kostengünstige Verfügbarkeit häuslicher Dienste; die alte Arbeiterklasse, die von der Konkurrenz am Arbeitsmarkt bedroht ist, hofft, dass höhere Grenzzäune die Unerwünschten abhalten. Andrea Komlosy, geboren 1957 in Wien, ist Professorin am Institut für Wirtschafts- und Sozialgeschichte der Universität Wien. Sie arbeitet zu Themen der Globalgeschichte und ihrer Verflechtung mit regionalen Beziehungen. In ihrem jüngst erschienenen Buch Grenzen. Räumliche und soziale Trennlinien im Zeitenlauf (Verlag Promedia, Wien 2018) gegen die Stilisierung der Grenze zum Wunschbild oder zum Feindbild an. Sie zeigt die Entwicklung von Grenzen und deren wechselhaften Gebrauch im Laufe der Geschichte auf und lotet damit sowohl das Herrschaftspotenzial als auch das Schutz- und Befreiungspotenzial von Grenzen aus. Eine Veranstaltung im Rahmen der Ausstellung „Sag Schibbolet!“ Am Vortag, den 20. November findet die Veranstaltung auch im Palace in St. Gallen statt. |
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