Di., 08. Juni 2021, 19:30-21:00 Uhr
Die letzten Europäer. Hannah Arendt und das Dilemma des jüdischen Kosmopolitismus
Online-Vortrag und Gespräch mit Prof. Dr. Natan Sznaider, Tel Aviv (auf Deutsch) Das Gespräch führt Hanno Loewy, Direktor Jüdisches Museum Hohenems
„Auch stünde es schlimm um Europa, wenn die kulturellen Energien der Juden es verließen.“ Diese Worte hat Walter Benjamin als Zwanzigjähriger 1912 an seinen zionistischen Freund Ludwig Strauss geschrieben, und sie sind auch das zentrale Thema dieses Vortrags. Es geht um Juden und Europa, um eine nicht erwiderte Beziehung, die tragisch endete.
Kurz vor seinem Versuch vor den Nazis von Frankreich in die USA zu fliehen, schrieb Benjamin an seinen Freund Stephan Lackner in Paris: „Man fragt sich, ob die Geschichte nicht im Begriff ist, eine geistreiche Synthese von zwei nietzscheanischen Begriffen zu schmieden, nämlich die des guten Europäers und die des letzten Menschen. Das könnte den letzten Europäer ergeben. Wir alle kämpfen darum, nicht zu einem solchen zu werden.“
Am 21. Oktober 1940 schrieb Hannah Arendt an Gershom Scholem in Jerusalem. „Juden sterben in Europa und man verscharrt sie wie Hunde“. Arendt informierte Scholem mit diesen Worten auch über den Selbstmord von Walter Benjamin, der sich einen Monat zuvor in Port Bou das Leben genommen hatte. Er wurde von spanischen Grenzbeamten abgewiesen, die ihn nach Frankreich zurückschicken wollten. Einige Monate später, im Mai 1941, erreichten Hannah Arendt und Heinrich Blücher New York, und zwar auf demselben Wege, auf dem Benjamin vorher gescheitert war.
15 Jahre später, 1956, verließ der jüdische Schriftsteller und Soziologe Albert Memmi Tunesien in Richtung Frankreich. Für ihn gab es als Juden keinen Ort mehr im unabhängigen Tunesien.
In diesem Vortrag geht es um jüdische Orte und jüdische Menschen wie Hannah Arendt, Albert Memmi, Walter Benjamin, Arnold Zweig, Moritz Goldstein, Theodor Herzl, Max Nordau, Karl Marx, Bruno Schulz, aber auch alle Unbekannten, die exemplarisch für das „Wir und Europa“ stehen. Es geht sowohl um die Hoffnung als auch um das Ende der europäisch-jüdischen Beziehung.
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