Harry Weil
Musiktalent und Emigrant: Harry Weil (1898–1970)

Harry Weil wurde 1898 als Sohn des Synagogendieners und Kantors Jakob Weil und dessen Frau Rachel geboren. Verletzt kehrte er aus dem Ersten Weltkrieg zurück, in dem er als Tiroler Kaiserjäger in Oberitalien gekämpft hatte. In den Erinnerungen älterer Hohenemser, aber auch in Fotografien und Dokumenten spiegelt sich Weils rege Mitwirkung in zahlreichen Hohenemser und Vorarlberger Theater- und Musikvereinen, von der Schrammelkapelle bis zur Big Band in Bregenz, wider. 1924 gründete er mit Gleichgesinnten den Hohenemser Arbeitergesangsverein Nibelungenhort, der bis heute besteht. 1932 heiratete Harry Weil in Bregenz die Katholikin Angelina Tavonatti, mit der er einen Sohn – Harry jr. – hatte.

Nach dem Tod von Jakob Weil im Jahr 1933 zog er mit seiner Familie teilweise wieder nach Hohenems, führte den kleinen Kaufladen weiter, betreute seine kranke Mutter, versah den Dienst als Organist in der Synagoge und erteilte den wenigen jüdischen Jugendlichen in Hohenems Religionsunterricht. Die von ihm eher informell wahrgenommene Aufgabe als Kantor der Gemeinde stellte keine Verdienstmöglichkeit mehr dar. Harry Weil lebte teilweise von Einkünften als Versicherungsmakler.
Zugleich war er politisch aktiv. 1934 wurde er als Kommunist für die Beteiligung an antifaschistischen Flugblättern verhaftet und zu einer kurzen Gefängnisstrafe verurteilt. 1937 war er in einer trotzkistischen Gruppierung aktiv. Nach dem ‚Anschluss‘ half er Flüchtlingen über den Rhein, bevor er im Juni 1938 selbst in die Schweiz flüchtete. Sein Bruder Louis wurde verhaftet und noch im gleichen Sommer in Dachau ermordet.

1939 emigrierte Harry Weil mit seiner Familie in die USA, wo sein zweiter Bruder Jules – der schon 1938 nach Chicago emigriert war – ein Visum für ihn organisieren konnte. Harry Weil hatte auch nach dem Krieg engen Kontakt zu einigen Hohenemsern und besuchte regelmäßig seine Heimat. Er versuchte als einer der letzten Überlebenden Mitgliedern der Hohenemser Kultusgemeinde zu helfen, ihr verlorenes Vermögen sowie seine eigene Wohnung zurückzufordern. Seine Anträge wurden aber von den zuständigen Stellen abgewiesen. Er sei ja 1938 „freiwillig abgereist“, beschied ihm der erste Hohenemser Nachkriegsbürgermeister. Harry Weil blieb in den USA und übernahm die amerikanische Vertretung der Vorarlberger Schmelzkäsefabrikation Rupp. Am 18. August 1970 starb Harry Weil in Santa Monica in den Vereinigten Staaten. Seine Urne wurde – seinem letzten Wunsch entsprechend – auf dem jüdischen Friedhof in Hohenems beigesetzt.