Treten Sie ein! Treten Sie aus!
Warum Menschen ihre Religion wechseln 23. Oktober 2012 bis 7. April 2013

Religionsfreiheit ist ein Menschenrecht. Dazu gehört nicht nur das Recht religiöser Gemeinschaften auf ungehinderte Religionsausübung, sondern auch das Recht, die Religion zu wechseln. Doch Konversion, also der Übertritt von einem Glauben zum anderen, ist mit Konflikten beladen. Wer konvertiert, stellt das Glaubensgebäude, das er oder sie verlässt, in Frage. Und bestätigt den Anspruch auf Wahrheit, den jene Religion erhebt, zu der man sich wendet.
Lange Zeit waren Konversionen gekennzeichnet von Zwang, sozialem Druck und forcierter Assimilation. Das galt nicht zuletzt für Übertritte vom Judentum zum Christentum. Gesellschaftliche Diskussionen über das Thema verlaufen auch heute keineswegs konfliktfrei, ja sie berühren neue Tabus und offene Fragen.
Die Jüdischen Museen in Hohenems, Frankfurt am Main und München bieten diesen Kontroversen mit einer gemeinsamen Ausstellung eine Bühne. Die Vielfalt der individuellen Motive, der unterschiedliche Umgang von Glaubensgemeinschaften mit Konvertiten, ihre Rituale, und schließlich auch die persönlichen Erfolge und Misserfolge, werden in dieser Ausstellung in ihrer Widersprüchlichkeit entfaltet.
Konversionen dienen den unterschiedlichsten Interessen: Für die Religionen und ihre Gemeinschaften bedeuten sie einen Zuwachs an Gläubigen, an politischer Macht und an materiellen Ressourcen. Für die Konvertiten selbst geht es um ihre Identität und spirituelle Sinnerfüllung, zuweilen auch um finanzielle oder materielle Vorteile. Es geht um Vermeidung oder Lösung von persönlichen Konflikten, um Akzeptanz in einer Gemeinschaft, um die Möglichkeit von Heirat und sozialem Aufstieg. Eine neue Dramatik gewinnt das Thema vor dem Hintergrund globaler Migration und der begonnenen Neuerfindung Europas. Minderheiten sind nicht überall Minderheiten – und Mehrheiten nicht überall Mehrheiten.
Konversion heißt auch, die eigene Biografie in ein „Vorher“ und ein „Nachher“ zu teilen, und in eine „Passage“, die diesem Übergang zumeist in einem Ritual seine Form gibt. Die Ausstellung folgt dabei Konvertiten auf ihrem Weg von einer Religion zur anderen und beobachtet, ob sich ihre Wünsche und Hoffnungen erfüllten, ob ihre Probleme sich auf diesem Wege lösen ließen oder bestehen blieben. Die Ausstellung erzählt von Konvertiten und ihren Lebensdramen, quer durch Zeiten und Räume Europas, von bekannten Persönlichkeiten wie Heinrich Heine, Edith Stein oder Gustav Mahler, Nahida Lazarus oder Leopold Weiss, der zu Muhammad Asad wurde, vor allem aber von Unbekannten, deren Geschichten den Blick auf den Alltag richten.

Eine Ausstellung der Jüdischen Museen Hohenems, Frankfurt am Main und München

Zur Ausstellung erschien ein Katalog:
Treten Sie ein! Treten Sie aus! Warum Menschen ihre Region wechseln Hg. Regina Laudage-Kleeberg und Hannes Sulzenbacher, reich illustriert, Berlin: Parthas Verlag, 2012, € 24,80

Ausstellungsstationen:

Jüdisches Museum Hohenems: 23. Oktober 2012 bis 7. April 2013
Jüdisches Museum Frankfurt am Main: 13. Mai 2013 bis 15. Sept. 2013
Jüdisches Museum München: 1. Oktober 2013 bis 2. Februar 2014

Ausstellungskonzept:
Hannes Sulzenbacher (Wien)
Objektrecherche:
Regina Laudage-Kleeberg (Münster)
Hannes Sulzenbacher (Wien)
Ausstellungsarchitektur:
Martin Kohlbauer (Wien)
Design:
atelier stecher (Götzis)
Roland Stecher und Thomas Matt
Gesamtkoordination:
Hanno Loewy (Hohenems)
Koordination Frankfurt und München:
Fritz Backhaus (Frankfurt am Main)
Ulrike Heikaus (München)
Vermittlung:
Tanja Fuchs (Hohenems)
Registratur:
Christian Herbst
Öffentlichkeitsarbeit/Organisation:
Birgit Sohler (Hohenems)
Sekretariat:
Gerlinde Fritz (Hohenems)