Vor 200 Jahren wurde ein Star in Hohenems geboren, ein Star mit einer freilich ungewöhnlichen Karriere. Anlass für das Jüdische Museum, exemplarisch das Leben von jüdischen Kantoren vom 19. Jahrhundert bis in die Gegenwart zu beleuchten.
So lädt das Museum unter dem Titel „Kantormania. Von Salomon Sulzer zum Jazz-Singer“ zu einer virtuellen Kantorenshow, einem Gesangswettbewerb, zu dem Kantorinnen und Kantoren aller Zeiten und Länder „eingeladen“ werden. Ob sie aus dem Berlin des ausgehenden 19. Jahrhunderts oder aus Osteuropa, aus dem Wien der Aufklärung oder aus der großen Broadway-Zeit New Yorks, aus Israel oder Marokko stammen – sie alle gratulieren dem Hohenemser und Wiener Kantor Salomon Sulzer, dessen Lebenswerk den Ablauf des jüdischen Gottesdienstes und seine musikalische Ausgestaltung aber auch das Selbstverständnis des jüdischen Kantors nachhaltig veränderte.
Im Konflikt zwischen Synagoge und Bühne wurden manche Kantoren als Stars beider Welten verehrt, und nicht selten von den Rabbinern wegen ihrer säkularen Erfolge gescholten. Mit der Inbrunst der synagogalen Musik oft von Kindesbeinen aufgewachsen, standen ihnen oft die Tore der weltlichen Musik weit offen. Die Ausstellung reagiert, nicht ganz frei von Ironie, auf dieses Spannungsfeld.
Metaphorisch formuliert, wird das Jüdische Museum Hohenems in einen anderen Ort verwandelt: den Backstage-Bereich einer Show-Bühne – dort, wo in den Garderoben nicht nur Talare, Noten und Souvenirs, sondern auch überraschende Memorabilia und Fan-Artikel ihren Platz finden.
Ob nun am Ende wie bei Salomon Sulzer die Reform des Gottesdienstes stand oder wie bei Al Jolson der Weg auf die Bühne des Entertainments, ob Kantoren als Heldentenöre Karriere machen oder als Vorsänger ihre Gemeinde verzaubern – die Ausstellung zeigt Diener der Liturgie und Rebellen gegen die Tradition, konservative Erneuerer und revolutionäre Orthodoxe in ihrer ganzen Vielfalt zwischen Ost und West, der alten und der neuen Welt. Ein großes Kantorenkonzert im neuen Salomon Sulzer Saal in der teilrestaurierten ehemaligen Synagoge von Hohenems beschließt, noch vor dessen Eröffnung im Frühjahr 2004, den ersten Tag der Ausstellung.
Kurator:
Hannes Sulzenbacher (Wien)
Recherchen:
Christian Kloesch (Wien)
Design:
stecher id (Götzis)
Roland Stecher und Thomas Matt
Vermittlung:
Helmut Schlatter (Hohenems)
Sekretariat:
Renate Kleiser