Für kurze Zeit – Synagogenorte
Ritualgegenstände aus Hohenems
Synagogenorte. Jüdische Landschaft um den Bodensee
11. Juli – 27. Oktober 1996

„Synagogenorte“ und „Für kurze Zeit“ heißen zwei Projekte des Jüdischen Museums Hohenems, mit denen das Museum den Blick auf das kulturelle Erbe der jüdischen Geschichte im Bodenseeraum lenken will. Im Mittelpunkt stehen die Synagogen in ihrer gemeinschaftsstiftenden Funktion, als Zentren religiöser Rituale sowie als markante Parameter für den Umgang mit jüdischer Geschichte nach 1945. Anhand aktueller Fotografien und historischer Objekte wird das ehemalige Beziehungsnetz der jüdischen Gemeinden in dieser Region wieder sichtbar.

„Für kurze Zeit“ werden in diesem Sommer originale, durch die nationalsozialistische Vertreibungs- und Vernichtungspolitik rar gewordene Ritualgegenstände nach Hohenems zurückgeholt und in die Dauerausstellung des Museums integriert. Sie stellen die einzigen Spuren dar, die der Kultus der Hohenemser Synagogengemeinde hinterlassen hat. Durch historische Zufälle sind sie zumeist lange vor 1938 in privatem Besitz an andere Orte gelangt.

Parallel dazu dokumentieren großformatige Architekturfotografien von Arno Gisinger im Rahmen einer Sonderausstellung den Status Quo verschiedener Synagogenorte im Bodenseeraum. Durch dieses Wechselspiel von Innen und Außen, von Gegenständen und Fassaden, von realen Objekten und fotografischen Abbildungen soll das wirtschaftliche, kulturelle und familiäre Beziehungsgeflecht dieser jüdischen Gemeinden aus historischer Perspektive beschrieben werden.
Darüber hinaus ist der heutige Zustand der einzelnen Synagogen bzw. deren Zerstörung ein markanter Parameter für den Umgang mit dem jüdischen Erbe vor und nach 1945. Während in Endingen, Lengnau und St. Galllen noch heute imposante und intakte Synagogenbauten aus dem 19. Jahrhundert existieren, dient die ehemalige Hohenemser Synagoge, die vielleicht bedeutendste Barocksynagoge des Landjudentums in Mitteleuropa, heute als Feuerwehrhaus. In Deutschland wiederum gibt es zwei radikal gegensätzliche Beispiele. Zum einen die während der Novemberpogrome des Jahres 1938 vollständig zerstörten jüdischen Gotteshäuser von Gailingen und Randegg, zum anderen die ehemalige Synagoge in Ichenhausen. Diese wurde bis in die 80er Jahre ebenfalls als Feuerwehrhaus zweckentfremdet, mittlerweile ist sie jedoch in ein „Kultur- und Begegnungszentrum„ umgewandelt worden.

Ein Folder in Form eines informativen Reiseführers zu den ausgewählten Synagogenorten wird in der gesamten Region gestreut. In den Synagogenorten selbst werden jeweils identische Bildstelen mit Fotografien aufgestellt, die die Orte visuell zusammenschließen und so die jüdische Landschaft um den Bodensee skizzenhaft nachzeichnen. Begleitet werden diese Aktionen vor Ort durch redaktionelle Beiträge in regionalen Zeitungen.
Mit dem Projekt „Ein Viertel Stadt“ initiierte das Jüdische Museum Hohenems 1995 einen Reflexionsprozess über den Umgang mit dem kulturellen Erbe der jüdischen Geschichte in der Stadt. Dieser Diskussionsprozess soll nun in einem größeren geographischen Raum fortgesetzt werden.

Ein Ausstellungs- und Kommunikationsprojekt des Jüdischen Museums Hohenems.

Projektleitung Ausstellung:
Eva Grabherr (Hohenems)
Konzept und Entwicklung Publikation:
Bruno Winkler und Gabriele Rath, Büro KOM.M.A. (Innsbruck)
Fotografie:
Arno Gisinger
Gestaltung:
Roland Stecher
Vermittlung:
Bruno Winkler und Helmut Schlatter (Hohenems)