Rosenthals
Rosenthals. Collage einer Familiengeschichte 07. Juni bis 06. Oktober 2002

Die Geschichte der Hohenemser Familie Rosenthal, erzählt aus der Perspektive heute lebender Nachkommen und Zeitzeugen. Ein Netz aus Erzählungen und Dokumenten verdichtet sich in der Ausstellung zu farbigen Geweben, bleibt gleichzeitig aber fragmentarisch und subjektiv. Immer sind die Geschichten direkt mit den persönlichen Erinnerungen und tradierten Familienbildern der einzelnen Personen verbunden.
In der Zusammenschau ergibt sich ein collagehaftes, sich ständig wandelndes Bild einer Familie. Die enge Verflechtung der Rosenthals mit anderen jüdischen Familien aus Hohenems, ihre wirtschaftliche Bedeutung, Abwanderung und schlussendliche Vertreibung sind symptomatisch für die Entwicklung einer jüdischen Landgemeinde im 19. und 20. Jahrhundert waren.
Die Ausstellung dokumentiert Familiengeschichte als ständigen Prozess des Erinnerns, Weitererzählens, Vergessens und Erforschens. Sie spürt der Wirkungsweise dieser Familiengeschichten nach und verweist auf die ganz persönliche Bedeutung von Geschichte.

Zur Konzeption des Ausstellungsprojekts
Das erste Treffen der Nachkommen ehemaliger jüdischer Familien aus Hohenems im Jahr 98 hatte den Aufbau eines inzwischen weltweit gespannten Netzwerks von Kontakten zwischen diesen Familien und dem Jüdischen Museum zur Folge. Damit wurde möglich, die Vergangenheit solcher Familien zu erfassen, aufzuarbeiten und mittlerweile auch zu dokumentieren. Ein erstes Ausstellungsprojekt im heurigen Sommer ist der Familie Rosenthal gewidmet.
Die Rosenthals waren und sind nicht nur für das jüdische Hohenems eine außerordentlich repräsentative Familie. Entlang dieser familiären Thematik lässt sich die Sozial- und Wirtschaftsgeschichte der jüdischen Gemeinde in Hohenems ebenso erzählen wie die Bewohnergeschichte der Villa Heimann-Rosenthal, dem Sitz des Jüdischen Museums.
Besonderes Augenmerk gilt dabei der letzten Bewohnerin der Familie, Clara Heimann- Rosenthal und deren Deportationsschicksal.

Das Ausstellungsprojekt verzichtet jedoch auf eine umfassende genealogische Darstellung im üblichen Sinne. Vielmehr sollen exemplarische Einzelaspekte collagenartigen Einblick in die Familiengeschichte gewähren. Nachkommen der Familie Rosenthal leben heute unter anderem in den USA, Israel, Chile oder Belgien. In Form familiärer Erzählcollagen rückt das Projekt geglückte Lebensentwürfe ebenso ins Blickfeld wie beklemmende Einzelschicksale. Insgesamt spiegelt das Projekt eine Erinnerungskultur, deren Wurzeln auf unterschiedlichste Weise in der jüdischen Vergangenheit von Hohenems zusammenführen.
Ein ungewöhnliches Konzept macht die Nachkommen zu den eigentlichen Akteuren des familiären Projekts. Nicht nur in der Vorbereitungsphase, auch in der Ausstellung selbst und im begleitenden Rahmenprogramm werden diese Persönlichkeitsbilder ungewohnt aktiv, plastisch und lebendig. Dazu kommen nichtjüdische Zeitzeugen aus Hohenems, die aus ihrer eigenen Erinnerungsperspektive von den Rosenthals erzählen.
Auch die Präsentationsform der Ausstellung entspricht dem Charakter einer Collage. Hörstationen, Videosequenzen, Dokumente und Objekte legen einen lockeren Erzählfaden durch das gesamte Haus – teils in die Dauerausstellung integriert, teils in Ergänzung dazu. Und so manche anfängliche “Leerstelle” wird im Verlauf der Ausstellungsdauer die Erzählcollage ergänzen und bereichern, wenn Nachkommen der Familie Rosenthal zu Besuch nach Hohenems kommen werden. Auch diese persönliche Beziehungsebene ist integraler Bestandteil des Projekts.
Begleitet wird der Projektverlauf von einem breiten Rahmenprogramm, das Erzählabende ebenso bietet wie architektonische Exkursionen, Vorträge und Workshops. Zur Ausstellung erscheinen zwei Materialbände, die ebenfalls eine Collage von Erzählungen, Erzählformen und Informationen enthalten und gleichzeitig den Projektverlauf dokumentieren werden.

Projektteam:
Arno Gisinger, Eva-Maria Hesche, Johannes Inama, Helmut Schlatter, Bruno Winkler
Design:
stecher id (Götzis)
Roland Stecher und Thomas Matt