Ein Viertel Stadt
Belichtete Häuser – Blick-Stationen Juni bis Oktober 1995

Eine Projektreihe zur Frage des Umgangs mit dem ehemaligen jüdischen Stadtteil von Hohenems
Seit 1993 nimmt sich das Jüdische Museum der Diskussion um das jüdische Viertel von Hohenems an. Seine Initiative zielt darauf, das Wissen um die kulturhistorische Bedeutung dieses Stadtteils zu vermitteln und eine Diskussion aller Betroffenen und Interessierten auf breiter Basis zu initiieren. Es betreute die Erarbeitung wissenschaftlicher Studien zur Architektur- und Besitzgeschichte des Viertels und zum Bewußtsein der heute in diesen Häusern lebenden Menschen und forderte eine Diskussion unter Einbeziehung aller Betroffener und Interessierter und die Berücksichtigung der historischen Dimension dieses Ortes in der Stadtteilplanung.
Die Studien wurden 1994 erstellt und der Öffentlichkeit vorgestellt. In den Veranstaltungen der Projektreihe “Ein Viertel Stadt” des Jahres 1995 sollen die Inhalte dieser Studien und das historische Material, das im Kontext des wissenschaftlichen Projektes recherchiert wurde, einer breiten Öffentlichkeit vermittelt werden.

Das Jüdische Viertel von Hohenems
Seit den frühen 70er Jahren wird über die Frage des Umgangs mit den Häusern des jüdischen Stadtteils von Hohenems diskutiert. Gerüchte, daß das Jüdische Schulhaus abgerissen werden sollte, führten bereits 1973 zu der auch publizierten Aufforderung, sich der jüdischen Geschichte der Stadt endlich anzunehmen und sie nicht länger totzuschweigen. Im Kontext des “Gedenkjahres” 1988 rückte das städtische Feuerwehrhaus in den Mittelpunkt der Diskussionen: Kritische Geister riefen die ehemalige Funktion des Gebäudes als Synagoge der jüdischen Gemeinde ins Bewußtsein. Der Umbau des Gebäudes und die konsequente Auslöschung der Spuren, die an die ehemalige Funktion erinnert hätten, wurde zum Symbol für den Umgang mit jüdischer Geschichte nach 1945. Anfang der 90er Jahre schließlich war bereits das gesamte Ensemble “jüdisches Viertel” in den Mittelpunkt des bewahrenden Interesses gerückt. Es hatte sich eine Initiative gebildet, die die Unterschutzstellung des gesamten Viertels forderte. Seit 1993 versucht das Jüdische Museum Hohenems, einen breiten Diskurs zu diesem Thema zu führen und das Bewußtsein für die historische und kulturelle Bedeutung des Stadtteils zu vermitteln.

Ein Viertel Stadt. Belichtete Häuser
7 Lichtbildprojektionen im ehemaligen jüdischen Viertel von Hohenems
23./24./25. Juni 1995, 21:30-22:30 Uhr

Belichtete Häuser. Metaphern des Wandels
Unter dem Titel Belichtete Häuser präsentiert das Jüdische Museum Hohenems an drei Abenden im Juni dieses Jahres in Form von Großbildprojektionen die Geschichte des ehemaligen jüdischen Stadtteils von Hohenems. An sieben historisch markanten Hausfassaden werden von Einbruch der Dunkelheit bis Mitternacht simultan Bilderserien mit historischen Fotografien und Texten gezeigt. Die Fassaden der Häuser werden so zu Projektionsflächen ihrer eigenen Geschichte, das Stadtviertel und seine Architektur temporär zu einem Anschauungsobjekt besonderer Art.
Indem wir Vergangenes in Form von Bildern memorieren, werden die belichteten Häuser zu Bild-Trägern einer kollektiven Erinnerung: Hausgeschichten und Menschenschicksale werden ans Licht geholt. Als visuelle Erinnerungsspuren sind die Lichtprojektionen aber nicht nur Metaphern der Vergangenheit, sie bieten auch die Möglichkeiten für Zukunftsvisionen. Durch die Konfrontation mit historischen Ansichten wird Architektur als wandelbar, als veränderbar erlebt. Die Gleichzeitigkeit der Projektionen lädt auch zum Flanieren im Viertel ein, dessen ursprüngliche Bestimmung als öffentlicher Kommunikationsraum wieder neu erfahrbar werden soll. Darüber hinaus geben die Belichtungen aber auch Einblick in das Innenleben der Häuser, indem sie Lebensläufe von jüdischen Menschen in Hohenems beschreiben. Sie erzählen Geschichten vom Gemeindeleben der jüdischen Traditionsgemeinschaft, dem Zusammenleben von Mehrheit und Minderheit, aber auch von Flucht, Deportation und Tod.
Mit der Aktion Belichtete Häuser wendet sich das Jüdische Museum Hohenems bewußt an eine breitere Öffentlichkeit. Dadurch soll eine auf historischen Grundlagen beruhende Diskussion über die Zukunft dieses geschichtsträchtigen Stadtteils ermöglicht, beziehungsweise in Gang gesetzt werden.

Ein Viertel Stadt. Blick-Stationen
20 Aussichtspunkte im ehemaligen jüdischen Viertel von Hohenems
Stelen von Roland Stecher, Götzis.
17. September bis 26. Oktober 1996

Archäologie des Blicks
Die Häuser und Plätze des ehemaligen jüdischen Viertels in Hohenems bergen Geschichten, die auf den ersten Blick nicht mehr lesbar sind. 20 Blick-Stationen – schmale Wände mit Gucklöchern –  machen wieder auf die verborgenen Schichten der Architektur und des Stadtraumes aufmerksam. Die an markanten Stellen des Stadtzentrums aufgestellten Aussichtspunkte bieten Blicke auf bestimmte Details von Gebäuden und Plätzen an. Gleichzeitig liefern sie Hintergrundinformationen und Geschichten zu den Objekten, auf welche die Blicke gerichtet werden.
Der Versuch, lange eingeübte Sehgewohnheiten der Passanten durch Irritationen aufzubrechen und den Akt des Hinschauens zu einem bewußteren zu machen, soll auch die unscheinbaren Teile des ehemaligen jüdischen Viertels von Hohenems wieder mit Geschichte füllen.
Das Projekt Blick-Stationen ist die zweite größere Veranstaltung im Rahmen der Reihe Ein Viertel Stadt. Unter dem Titel Belichtete Häuser präsentierte das Jüdische Museum Hohenems an drei Abenden im Juni dieses Jahres mit großem Publikumserfolg (über 2000 Besucher) die Geschichte des ehemaligen jüdischen Stadtteils von Hohenems exemplarisch in Form von Großbildprojektionen auf sieben historisch markanten Hausfassaden. Während dort die Fassaden der Häuser zu Projektionsflächen ihrer eigenen Geschichte wurden, sollen Architektur und Stadtraum im Rahmen der Blick-Stationen aus sich selbst sprechen und für sich entschlüsselt werden.
Durch neue, bewußte Blicke zu Bild-Trägern einer kollektiven Erinnerung: Hausgeschichten und Menschenschicksale werden ans Licht geholt. Als visuelle Erinnerungsspuren sind die Lichtprojektionen aber nicht nur Metaphern der Vergangenheit, sie bieten auch die Möglichkeit für Zukunftsvisionen. Durch die Konfrontation mit historischen Ansichten wird Architektur als wandelbar, als veränderbar erlebt. Die Gleichzeitigkeit der Projektionen lädt auch zum Flanieren im Viertel ein, dessen ursprüngliche Bestimmung als öffentlicher Kommunikationsraum wieder neu erfahrbar werden soll. Darüber hinaus geben die Belichtungen aber auch Einblick in das Innenleben der Häuser, indem sie Lebensläufe von jüdischen Menschen in Hohenems beschreiben. Sie erzählen Geschichten vom Gemeindeleben der jüdischen Traditionsgemeinschaft, dem Zusammenleben von Mehrheit und Minderheit, aber auch von Flucht, Deportation und Tod.
Mit der Aktion Belichtete Häuser wendet sich das Jüdische Museum Hohenems bewußt an eine breitere Öffentlichkeit. Dadurch soll eine auf historischen Grundlagen beruhende Diskussion über die Zukunft dieses geschichtsträchtigen Stadtteils ermöglicht, beziehungsweise in Gang gesetzt werden.

Das Projekt wurde in der Folge in einem Buch dokumentiert:
„Ein Viertel Stadt. Zur Frage des Umgangs mit dem ehemaligen jüdischen Viertel in Hohenems“
Schriften des Instituts für Zeitgeschichte der Universität Innsbruck und des Jüdischen Museums Hohenems; Innsbruck 1997, Bd. 2.

Belichtete Häuser
Inhaltliche Konzeption und Durchführung:
Das Team des Jüdischen Museum Hohenems
Idee und visuelle Umsetzung:
Arno Gisinger
Recherchen:
Sabine Folie, Hans Gruber, Daniela Höfle und Erik Weltsch

Blickstationen
Inhaltliche Konzeption und Durchführung:
Das Team des Jüdischen Museum Hohenems
Idee und Gestaltung:
Roland Stecher
Recherchen:
Sabine Folie, Hans Gruber, Daniela Höfle und Erik Weltsch
Optische Geräte:
Alois Ortner